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Category Archives: Unkategorisiert

Topstar-Nähe prägt Ruf 9 Jahre lang

Vor- und Nachteile in der Karriere halten sich die Waage

 

 

 

 

In der Nähe von jemandem wie Barack Obama, Steve Jobs, der Queen oder Niki Lauda gearbeitet zu haben, verleiht Nachwuchsführungskräften einen Riesen-Vorteil: sie haben, wollen sie wechseln, bessere Jobchancen und sind sie dann doch schwächer als erwartet, dann rettet sie der Star-Nimbus ihres früheren Arbeitgebers vor einer raschen Kündigung.

Unter den Fittichen von Stars ihrer jeweiligen Branche groß zu werden, hat aber auch einen Riesen-Nachteil: die Erwartung sind derart hoch, dass eine sehr gute Performance unter “eh klar” fällt und gar nicht genügend gewürdigt wird. Job-Promotions kriegen im Vergleich dazu eher jene MitarbeiterInnen, die ebenso Überdurchschnittliches leisten, aber keine derartigen Star-Connections aufweisen können. Darauf weist eine soeben erschienene britische Studie hin.

Insgesamt hält der Ruf “bei xy in die Schule gegangen zu sein” volle 9 Jahre lang.

Liu/Kilduff/Lee/Fisher, “Buffered by Reflected Glory? The Effects of Star Connections on Career Outcomes”, in: “Journal of Applied Psychology”, 2025, vol. 110, no. 11, 1490-1510.

Aus der Praxis:

Alles hat zwei Seiten: hoher Erwartungsdruck kann belastend sein – und zwar ganz egal, ob er von Ihrer früheren Tätigkeit bei einem Hero seiner/ihrer Zunft stammt oder weil Sie Abschlüsse von gleich mehreren angesehenen Hochschulen im CV erwähnt haben oder als Kind super-erfolgreicher Eltern ständig mit Ihren Altvorderen verglichen werden. Da nützt es auch nicht viel, dass – wie die zitierte Studie zeigt – Sie im Zweifel auch bei nur mäßigem Erfolg nicht gleich Angst um den Job zu haben brauchen.

Trotzdem lohnt es sich meiner Meinung nach unbedingt, von den Besten zu lernen. Tragen Sie aber diese Erfahrungen nicht ständig vor sich her, das ist mäßig sympathisch. Sondern sehen Sie sie eher als Ressource für zukünftige außergewöhnliche Leistungen, die Sie selbstbewußt, aber immer freundlich, neuen Arbeitgebern zeigen wollen und werden.

 


Loslassen, aber wann?

Neue Studie: Wir verharren zu lang bei schwachen Strategien

 

 

 

 

Strategien, die immer zu guten Resultaten führen, behalten wir bei und solche, die danebengehen, tauschen wir aus. Aber was tun, wenn – wie so oft – eine Strategie zur Erreichung des Ziels x nur durchschnittlich ist, also recht gut, aber manchmal auch mit einigen Nachteilen verbunden?

Da bleiben wir im Schnitt aber zu lang dabei. Wir wechseln – wenn überhaupt – erst sehr spät zu einer anderen Option und verpassen dadurch entscheidende Chancen.

Sagt jedenfalls eine neue Princeton-Studie, die untersucht hat, wie lange es sich lohnt, noch einen und noch einen und noch einen Versuch mit derselben Strategie zu wagen.

Fazit: Je mehr Alternativen es gibt, desto rascher sollten wir eine mediokre Strategie verlassen. Und bevor wir uns festlegen: gleich zu Beginn eines Projekts mehrere Strategien ausprobieren.

Sukhov/Dubey/Duke/Griffiths, “When To Keep Trying and When to Let Go: Benchmarking Optimal Quitting”, in: Journal of Experimental Psychology: General, Vol 154(9), Sep 2025, 2599-2618

Aus der Praxis:

Warum fällt das Loslassen von nur mittelguten Wegen so schwer? Diese Frage beschäftigt mich schon lange. Die US-ForscherInnen erwähnen drei Theorien: 1. weil wir so optimistisch sind und bis zum Schluß glauben, es würde sich alles noch zum Guten wenden, 2. weil wir die bisher eingesetzten Mittel nicht abschreiben wollen bzw. 3. weil wir uns über die möglichen (besseren) Alternativen nicht im klaren sind.

Ich möchte noch zwei dazufügen: 4. weil wir uns an die Mängel des gegenwärtigen Wegs gewöhnt haben, während eine neue Variante theoretisch ja auch noch schlechter werden könnte und 5. weil – vor allem für Führungskräfte oder SpitzenfunktionärInnen – es schwieriger erscheint, MitarbeiterInnen, Mitgliedern oder WählerInnen das Loslassen einer bisherigen Strategie zu erklären als einfach weiterzuwurschteln.


“Cool sein” ist weltweit dasselbe

Locker und moderat: Coole Führungskräfte brauchen wir

 

 

 

Wer hätte das gedacht: Cool-sein ist auf der ganzen Welt nicht nur erstrebenswert, sondern auch gleichbedeutend. In so unterschiedlichen Kulturen wie Indien, den USA, China, Chile oder Deutschland verstehen alle unter “cool” dieselben 6 Eigenschaften: extrovertiert, hedonistisch, kraftvoll, offen, unternehmungslustig und selbständig. Das ergab eine neue Princeton-Studie, an der 6.000 ProbandInnen aus 12 Ländern über 4 Jahre hinweg teilgenommen haben.

Damit “cool” aber positiv wirkt, dürfen Sie unter gar keinen Umständen versuchen, krampfhaft “cool” zu sein. Locker sein, ist die Devise. Und: bleiben Sie moderat! Extrem extrovertiert, extrem unternehmenslustig oder extrem hedonistisch zu sein, kippt die positive Wirkung ins Negative.

Die ForscherInnen meinen: so gesehen steht der Begriff “cool” für Innovation und Kreativität und könnte damit ein kollektives Verständnis für Change rund um den Globus aufzubauen. Frei nach dem Motto: “Cool sein” wollen wir doch alle.

Pezzuti/Warren/Chen, “Cool people”, in “Journal of Experimental Psychology: General”, 2025, 154(9), 2410–2431

In der Praxis:

Läßt sich dieses gemeinsame Verständnis von “Coolness” auch ins Geschäftsleben übertragen? Ja, absolut, wie ich finde. Denn für mich stehen die jedenfalls 5 der 6 cool-Eigenschaften für Leadership. Jede Führungskraft sollte extrovertiert, kraftvoll, offen, unternehmungslustig und selbständig sein. Einzig beim Begriff “hedonistisch” bin ich mir nicht sicher, ob das mit Hedonismus gemeinte Streben nach Lust, Freude und Genuß nicht in Zusammenhang mit Leadership durch “Zuversicht” besser abgebildet wird.

Trotzdem: Wie würden unsere Arbeitswelten, vom Büro zum Bau und vom Labor ins Feld, aussehen, wenn die Chefs und Chefinnen mehr danach trachten würden, in obiger Definition cool zu sein?


Das merke ich mir!

Worte mit wenig Synonymen und nur einer Bedeutung bleiben am besten hängen

 

 

 

 

 

WerbetexterInnen, politische BeraterInnen und KommunikationstrainerInnen aufgepaßt: Es gibt bessere Indikatoren, ob sich Ihre KundInnen ein Wort merken oder nicht als dessen Bildhaftigkeit, hohe Frequenz oder Reizwort-Charakter. Je mehr ein Wort unaustauschbar (keine oder wenig Synonyme) und unverwechselbar (keine Mehrfach-Bedeutungen) ist, desto eher bleibt es im Gedächtnis haften. Und das über alle Sprachen, unterschiedliche Sprachschätze und Kontexte hinweg. Sagt zumindest eine neue US-amerikanische Studie, bei der interessanterweise das MIT (Massachussetts Institute of Technology) federführend war und nicht ein Department of Communication.

Ein Beispiel aus der Studie: “Eine Lawine an präzisem Vokabular hat viele Vorteile.” “Lawine” und “Vokabular” – unmißverständlich und alternativlos – merkten sich die ProbantInnen am besten, “Präzise” bzw. “Vorteil” am wenigsten.

Tuckute/Mahowald/Isola/Oliva/Gibson/Fedorenko, “Intrinsically Memorable Words Have Unique Associations With Their Meanings”, in: Journal of Experimental Psychology: General”, 2025, vol. 154, no.8, 2059-2075.

 

Aus der Praxis:

Spannend und einleuchtend: ein Wort, bei dem das Hirn nicht erst nachdenken muss, welche der verschiedenen Bedeutungen treffen hier zu, UND das sich als einzige Option einfacher ins Gedächtnis fräst, merken wir uns leichter.

Diese neuen Erkenntnisse erweitern unsere Möglichkeiten, durch eine gezielte Wortwahl unvergeßbarer zu kommunizieren. Und dabei gibt es noch andere Kriterien für leichte Merkbarkeit, die die vorliegende Studie nicht einmal erwähnt: etwa dass ein Wort/Satz kurz sein muss, nicht kompliziert und leicht auszusprechen.

Witzig am Rande für uns: ein Wort aus der Studie, das eindeutig und unaustauschbar als unvergesslich eingestuft wurde, ist für uns aus denselben Gründen in Deutsch unbrauchbar: Pineapple wird im Deutschen zu Ananas. So heißen aber auch die Erdbeeren – womit die Undeutigkeit und die schlechtere Merkbarkeit von Ananas vorprogrammiert sind.


Urlaubseffekt bis zu 43 Tage

Psychologische Entkoppelung von der Firma stärkster Erholungsfaktor

 

 

 

 

Der Urlaubseffekt tritt nicht nur während des Urlaubs ein, sondern bereits davor (Stichwort Vorfreude) und vor allem danach: So ist bei MitarbeiterInnen ein Mehr an Energie und Motivation am Arbeitsplatz bis zu 43 Tage nach der Rückkehr aus dem Urlaub messbar. Stärkste Erholungsfaktoren sind dabei eindeutig a) die psychologische bzw. emotionale Entkoppelung von der Firma zB durch Nicht-Erreichbarkeit oder Nicht-an-die-Arbeit-Denken und mit gewissem Abstand b) die körperliche Betätigung, also Sport, Spazierengehen etc. Ob der Urlaub daheim oder in weiter Ferne zu mehr Wohlbefinden führt, bleibt hingegen unklar, sagt zumindest eine aktuelle Meta-Analyse auf Basis von 32 untersuchten internationalen Studien.

Insgesamt liest sich das von US-amerikanischen WissenschaftlerInnen publizierte Papier wie ein Appell. Ein Appell an die eigenen Instanzen, Behörden wie Betriebe, das derzeitige System der max. 19 gesetzlich vorgeschriebenen Jahresurlaubstage gravierend in Richtung Ausbau der Erholungsphasen für MitarbeiterInnen zu überdenken.

Grant/Buchanan/Shockley, “I Need a Vacation: A Meta-Analysis of Vacation an Employee Well-Being”, in: Journal of Applied Psychology,2025, Vol. 110., Nr. 7, 887-905.

 

Aus der Praxis:

Unbestritten haben wir in Mitteleuropa ein viel besseres Verständnis für die Sinnhaftigkeit, Notwendigkeit und die Rundum-Vorteile von Urlaub für MitarbeiterInnen. Ich möchte mich dennoch mit einem Appell anschließen,  einem Appell an Führungskräfte und vor allem an Selbständige.

Zugegeben: in derartigen Funktionen sich tage- geschweige denn wochenlang völlig auszuklinken, ist eine große Herausforderung – grundsätzlich und gerade in schwierigen Zeiten. Dennoch empfehle ich, es zumindest tageweise auszuprobieren, wenn Ihr Unternehmen nicht gerade die schlimmste Zeit seiner Geschichte durchläuft.

Kein/e KundIn, kein/e GeschäftspartnerIn und letztlich auch kein/e MitarbeiterIn haben gern mit ausgelaugten und daher dünnhäutigen wie fehleranfälligen ManagerInnen oder BeraterInnen zu tun.


Kann der/die AR-Vorsitzende Führung?

Leadership in den Gremien sorgt besonders bei Technologiefirmen für langfristige Performance

 

 

 

 

Prominente Pleiten in den letzten Monaten haben erneut die Frage hochkommen lassen, ob hier nicht auch ein Versagen der Aufsichtsräte vorliegt. Aber hätten diese Gremien bei besserer Kontrolle bzw. besseren Entscheidungen den einen oder anderen Konkurs tatsächlich verhindern können? Eher ja, lautet die Antwort einer schwedisch-israelischen Studie, in der Interviews mit 336 Aufsichtsräten in 200 börsenotierten Firmen analysiert wurden. Wesentlich für ein erfolgversprechendes Agieren sei vor allem Leadership vulgo Führungskompetenz der Aufsichtsratsvorsitzenden – indiskutable Reputation, hervorragende Branchen-Kenntnisse und überdurchschnittlich gute Netzwerk-Kontakte wären jedenfalls in volatilen Zeiten zu wenig. Das gälte besonders für technologienahe Firmen. Die ForscherInnen empfehlen daher Führungstrainings, in denen die sogenannten interrelational skills aufgebaut und gestärkt werden sollen.

Nahum/Carmeli/Uman, “On the Power of Professional and Relational Respect of Chairpersons”. In “Psychology of Leaders and Leadership, 2025, vol. 28, Nr. 1, 65-95.

Aus der Praxis:

Was versteht man unter interrelational skills? Die Fähigkeit, respektvoll zu kommunizieren, dabei in Beziehung mit anderen treten zu können und diese zu konstruktiver Kooperation motivieren und anleiten zu können. Gerade bei einer Versammlung von Alphatieren, wie sie in Aufsichtsräten die Norm sind, ist es entscheidend, durch professionelle Führung über alle möglichen Meinungsunterschiede hinweg die richtigen Prozesse einsetzen und steuern zu können. Nur dann entstünde jener Respekt untereinander, der für ein effizient arbeitendes Kontrollorgan sowie für mutige Entscheidungen nötig ist. Und warum sollte das gerade für Aufsichtsräte in technologienahen Unternehmen wesentlich sein? Weil in den Naturwissenschaften – und das möchte ich aus meinen jahrzehntelangen Beobachtungen bestätigen – social skills und damit auch interrelational skills sowohl auf der operativen Ebene wie in den Gremien noch besonders ausbaufähig sind.

Ich selbst biete Führungstrainings für Aufsichtsratsvorsitzende im übrigen bereits seit über 10 Jahren an.😊


Das Unheil der Kontroll-Freaks

Mehr Schaden als Nutzen auch für sich selbst

 

 

 

 

Wer in kurzen Abständen Veränderungen überprüft, kann dem Projekt und sich selbst mehr schaden als bisher angenommen. Und zwar deshalb, weil derartige Kontroll-Freaks bei jedem Check fast unvermeidlich immer nur kleine bis kleinste Fortschritte registrieren können. Das hat 3 Konsequenzen: 1. Sie meinen, es gehe alles viel zu langsam und sind unzufrieden, 2. Sie erzeugen so nicht motivierte, sondern verunsicherte MitarbeiterInnen und 3. Sind sie selbst für die Entwicklungen verantwortlich, so fühlen sie sich, je öfter sie monitoren und kontrollieren, als Versager. Monitoring Frequency Effect (MFE) nennt eine amerikanisch-europäische Forschungsgruppe dieses Phänomen in ihrer groß angelegten jüngst veröffentlichten Studie.

Vaz/Mata/Critcher, “A Watched Pot Seems Slow to Boil: Why Frequent Monitorin Decreases Perceptions of Progress”, in: Journal of Experimental Psychology: General, 2025, vol. 154, Nr. 4, 895-918.

Aus der Praxis:

Stimmt! Den MFE können wir alle auch im normalen Alltag beobachten: je öfter wir auf die Waage steigen, oder die Kurse unsere Aktien betrachten oder die Produktivität von KollegInnen oder MItarbeiterInnen beobachten: es belastet nur, macht unglücklich oder verführt zu viel zu negativen Meinungen.

Schon klar: Engmaschiges Monitoring muss manchmal sein. Vor allem in Krisen oder sonstwie bedrohlichen Momenten. Aber im Normalmodus lasset uns auf die Dosis achten! Oder zumindest immer wieder das große Ganze im Auge behalten! Es lohnt sich.


Mehr Kommunikation im Preboarding!

Motivation & Mitarbeiterbindung starten lange vor dem 1. Arbeitstag

 

 

 

 

Die Zeit zwischen Jobzusage und erstem Arbeitstag ist wichtiger als gedacht: wer hier in hoher Frequenz, personalisiert und über unterschiedliche Kanäle bereits mit neuen MitarbeiterInnen kommuniziert, darf mit motivierteren, engagierteren und zufriedeneren Newcomern rechnen. Das sind die Erkenntnisse einer neuen amerikanischen Studie zur Frage, wie Arbeitgeber Mitarbeiterbindung in volatilen Zeiten wie diesen stärken können.

Neuzugängen sei es demzufolge besonders wichtig, vorab detaillierte Informationen über den ersten Arbeitstag zu erhalten und Kontakt zu ihren zukünftigen KollegInnen zu bekommen. Automatisierte Emails, die standardisiert Daten, Fakten & To dos kommunizieren, reichen jedenfalls nicht aus, um die durch die Jobzusage entstandene Vorfreude auf die neuen beruflichen Aufgaben auszubauen.

Capitano/Gesualdi, “Organizational Communication During Pre-boarding: An Examination of New Hire Communication Frequency, Organizational Commitment, and Job Satisfaction”, in: “International Journal of Business Communication”, 2025, I-25.

 

Aus der Praxis:

Noch etwas kam in dieser Arbeit zutage: es könnte deutlich mehr Kommunikation während des Preboardings geben! Ich beobachte ähnliches, wenn ich durch KlientInnen von der einen wie anderen Seite Einblick ins Preboarding erhalte. Ja, viele Organisationen haben mittlerweile eine Welcome-Mappe, die am ersten Arbeitstag überreicht wird, etabliert. Aber es gibt eben auch ein wichtiges Davor, in denen es sich lohnt, über Telefonate, Einladungen, Emails oder Chats den Gusto der/s neuen KollegIn oder Mitarbeiterin/s noch einmal zu vergrößern.

P.S: Führungskräfte, die onboarden, organisieren sich meist dieses Davor selbst. Für sie ist eher die Zeit danach entscheidend: nicht umsonst gibt es eigene Coaching-Programme für die berühmten ersten 100 Tage.


Small talk: Boomerasken Sie?

Wer kein Interesse an der/s anderen Antworten hat, braucht erst gar nicht zu fragen

 

 

 

 

Boomerasker sind solche, die eine Frage stellen, auf die Antwort des Vis-a-vis aber gar nicht eingehen, sondern die eigene Frage sofort und ausführlich selbst beantworten. Leute also, die beim Small talk Fragen nur als Trick verwenden, um sich selbst den Ball aufzulegen, am Gesprächspartner aber eigentlich Null Interesse haben (“Boomerask” steht für eine gestellte Frage, die wie ein Boomerang an einen selbst zurückgeht). Diese Networker tun sich nichts Gutes: gemäß einer neuen Studie der Harvard Business School wirken sie sogar unsympathischer als jene, die gleich frei von der Leber weg mit eigenen Themen den Talk zu dominieren versuchen. Gar nicht auf Antworten zu reagieren, sondern resonanzlos das Eigene ins Gespräch zu werfen, zeuge von Selbstgefälligkeit und Unaufrichtigkeit.

Brooks/Yeomans, “Boomerasking: Answering your Own Questions”, in: “Journal of Experimental Psychology: General”, 2025, vol. 154, Nr. 3, 864-893

 

Aus der Praxis:

Ich bestätige. Fragen stellen allein macht noch keinen guten Eindruck – und um das geht es ja letztlich beim Small talk vulgo Networking: Das Gespräch nämlich so zu führen, dass ein Follow-up-Kontakt beim Anderen Freude hervorruft und nicht ein verstecktes “Ach, schon wieder Sie”. Meiner Erfahrung nach heißt das: Hören Sie gut zu, wie jemand Ihre Frage beantwortet. Nur so können Sie nachhaken, sich ein Beispiel erzählen lassen oder eine Formulierung, das Ihnen in diesem Kontext auffällig erscheint, hinterfragen. Nur so glaubt Ihnen Ihr/e GesprächspartnerIn, dass Sie wirkliches Interesse haben. Und erst danach beantworten Sie die eigene Frage aus eigener Perspektive ebenfalls. Nicht jedes Mal, aber in der Mehrzahl der Fälle. Das ist übrigens sogar ganz wichtig, um Ihren Fragen nicht einen investigativen Touch zu geben.

Es gibt aber noch ein No-go beim Fragestellen: Wenn Sie Ihren Gesprächspartner nicht einmal zu Wort kommen lassen, sondern überhaupt die Frage gleich selbst beantworten. “Wie geht´s Ihnen? Eh gut, oder?”

Ach ja: Das alles gilt auch für Privatgespräche aller Art.


Alter Grieche bewahrt vor Shit storms

Social Media-Beschwerden: Entschuldigungen allein sind zu wenig

 

 

 

 

 

Die rhetorischen Prinzipien des Aristoteles – dass Logos (der Inhalt) nur gemeinsam mit Pathos (Emotion) und Ethos (Moral) reüssieren kann – sind auch im Online-Beschwerde-Management des 21. Jahrhunderts der effektivste Weg gegen shit storms. Denn: Nur sachlich zu argumentieren oder nur Abbitte zu leisten, sei unausreichend, um frustrierte oder wütende KundInnen auf Social Media zu beruhigen.

Das sind die Erkenntnisse einer neuen niederländischen Studie. Firmen sollten, so die Forscherinnen, in solchen Fällen ihre Kommunikationsstrategien ganz im Gegenteil kombinieren: sich entschuldigen UND Verständnis für die Beschwerde zeigen UND ihre Corporate Credibility durch konkrete Lösungen bzw. Versprechen unter Beweis stellen. Damit würden Unternehmen nicht nur gegenüber den BeschwerdeführerInnen selbst punkten, sondern auch gegenüber den LeserInnen oder ZuschauerInnen derartiger Postings.

Van Mulken/Heslenfled, “Improving Complaint Handling: The Rhetorical Turn in Defensive and Accomodative Strategies”, in: Business and Professional Communications Quarterly, I-22, 2025.

Aus der Praxis:

Interessant, oder? Da diskutieren wir so oft über die großen Kommunikationsunterschiede zwischen Alt und Jung, zwischen den Digital Natives, die kaum mehr miteinander sprechen, und den Babyboomern, die noch Schönschreiben in der Schule als Pflichtfach hatten, zwischen virtuellen und analogen Settings, zwischen geschriebener und gesprochener Sprache, zwischen abwehrendem und entgegenkommendem Beschwerde-Management.

Das, was schon vor 2350 Jahrein in Athen postuliert wurde, um Konflikte schneller aus der Welt zu schaffen, gilt sichtlich heute nach wie vor. Mögen Wortwahl, Ductus oder Umfang der Internet-Kommunikation von traditionellem Sprech abweichen: die Prinzipien zwischenmenschlichen Umgangs haben sich nicht geändert. Schön eigentlich.


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