Hearings: Authentisch sein zahlt sich aus
Vor allem für Top-Performer wesentliches Differenzierungsmerkmal
Wenn Sie in die Endrunde eines Bewerbungsverfahrens kommen, dann kann Authentizität Ihre Chance, den Job zu bekommen, bis ums Dreifache erhöhen.
Je mehr Sie nämlich vermitteln können, dass Sie reflektiert sind, also über ihre eigenen Stärken und Schwächen Bescheid wissen, ehrlich über ihre Erfahrungen und Pläne sprechen können und ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen, desto mehr Vertrauen entwickeln Recruiter innerhalb eines Prozesses, der in der Regel von austauschbaren, überzogenen oder intransparenten Selbstdarstellungen geprägt ist. BewerberInnen allerdings, die weniger qualifiziert für die ausgeschriebene Position sind, müssen mit Authentizität viel vorsichtiger umgehen, um ihre Chancen nicht zusätzlich zu reduzieren.
Zu diesem Schluss kommt drei aktuelle zusammenhängende Studien, die von Mailand aus in Kooperation mit zwei Unis in London und der Polytechnic University in Hongkong durchgeführt wurden.
Konkret wurden Interviews in zwei sehr unterschiedlichen Settings – einmal mit Lehrern, einmal mit RechtsanwältInnen anhand von Videoanalysen evaluiert, danach nahmen sich die WissenschaftlerInnen auch noch die Sprache der KandidatInnen vor, um festzustellen, wie sich Selbst-Reflexion oder Selbstüberprüfung – „Self-Verification“ – in Hearings verbal ausdrückt.
The Advantage of being oneself: The role of applicant self-verification in organizational hiring decisions. Moore/Lee/Kim/Cable, Journal of Applied Psychology, 2017. Vol.102 , Nr. 11, 1493-1513.
Aus der Praxis:
Sie sind Standard: die gezielten Fragen der Recruiter nach den eigenen Stärken und Schwächen und jedes Mal müssen wir – der/die KandidatIn und ich als Coach – gemeinsam ausloten, was hier am besten und überzeugendsten, aber auch am Authentischsten erwähnt werden soll. Insofern ist jedes Hearing, auf das ich meine KlientInnen vorbereite nicht nur ein Coaching in Sachen Impression Management, sondern auch in Richtung Selbstreflexion: Was will ich eigentlich durch diese angestrebte Funktion erreichen? Was macht mich als Führungskraft aus? In welcher Form korrespondieren meine persönlichen Werte mit jenen des Unternehmens?
Dabei kommt aber es aber nicht nur auf die Inhalte an, sondern auch darauf, ob die Körpersprache mit dem Gesagten im Interview übereinstimmt, ob Sie dann „ich“ bzw. „meiner Meinung nach“ u.ä. sagen und nicht das unpersönliche, verschleiernde „man“ und ob Sie die Fragen und Kommentare des Recruiters direkt und nachvollziehbar und nicht ausschweifend und widersprüchlich beantworten können.
Mein Credo ist seit jeher: Glaubwürdigkeit = Authentizität + Professionalität + Mut zum Korrektiv. Insofern bestätige ich die Erkenntnisse der Studie: 8 von 10 meiner KlientInnen kriegen den Job, für den sie sich bewerben.