Mächtige entschuldigen sich schwerer
Häufig JuristInnen und PR-Leute dazu im Widerstreit
Mächtigere entschuldigen sich im Falle eines Fehlers nicht selbstverständlich. Ganz im Gegensatz zu den anderen, den quasi Schwächeren: Sie sind deutlich williger, expressis verbis die Verantwortung für eigenes Fehlverhalten zu übernehmen.
Warum tun sich ÜbeltäterInnen mit Autorität diesbezüglich so schwer? Weil sie vor allem ihre eigene Befindlichkeit im Fokus haben. Deshalb kommt diesen Leuten – den Vorgesetzen gegenüber MitarbeiterInnen, den LehrerInnen gegenüber SchülerInnen, den ÄrztInnen gegenüber PatientInnen oder den PolitikerInnen gegenüber der Bevölkerung – so selten ein„Tut mir leid“, geschweige denn ein „Entschuldigung!“ über die Lippen.
Die ForscherInnen empfehlen daher Führungskräften und ExpertInnen aller Branchen sich bewußt in die Perspektive des/r Betroffenen ihres Fehlverhaltens zu begeben. Damit würde es viel einfacher fallen, glaubhaft um Verzeihung zu bitten.
Guilfoyle/Struthers/van Monsjou/Shoikhedbrod/Eghbali/Kermani, „Sorry, not Sorry: The Effect of Social Power on Transgressors´ Apology and Nonapology“, in: Journal of Experimental Psychology: Applied“, 06 Jan 2022, 28(4):883-897.
Aus der Praxis:
Stimmt. Und gleichzeitig möchte ich noch einen Aspekt aus meiner jahrelangen Praxis hier ergänzen: Häufiger als manche annehmen, tobt hinter den Kulissen nach einem Fehler von TopmanagerInnen oder SpitzenpolitikerInnen ein Widerstreit zwischen deren BeraterInnen. JuristInnen empfehlen fast immer, sich ja nicht zu entschuldigen, um nicht unnötig rechtliche Ansprüche zu evozieren. Wir KommunikationsexpertInnen hingegen raten meist zum genauen Gegenteil: sich wo immer möglich zu entschuldigen, denn ehrlich gemeinte Entschuldigung schafft immer Sympathien, Verständnis für den begangenen Fehler und fördert Reputation und Image derart, dass selbst im Falle eines gerichtlichen Nachspiels ÜbeltäterInnen bessere Karten haben.
Authentische, auf den Punkt gebrachte, emotional bedeutsame Entschuldigungen lassen sich übrigens in ein oder zwei Coachingsitzungen präzise erarbeiten und danach trefflich üben.