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Misstrauen schärft Erinnerungsleistung

Vertrauen braucht Wachsamkeit und Kontrast-Abfrage

 

 

Vertrauen kann unsere Erinnerungsleistung behindern, Misstrauen hingegen schärft die für einen verlässlichen Bericht nötigen Details. Verantwortlich dafür ist eine nunmehr erstmals nachgewiesene Automatik in unserem Informationsverarbeitungsprozess, nach der wir bei vertrauensvoller Kommunikation auf Ähnlichkeiten fokussieren und dadurch inhaltliche Unterschiede und Details förmlich verwischen. In misstrauischen Settings „steuern“ wir hingegen automatisch diese Kontraste „an“, Kontraste, die gerade die Relevanz einer Aussage oder eines Berichts ausmachen. Das ist der Sukkus einer aktuellen Harvard-Publikation.

 

Basierend auf neun Einzelstudien kommen die ForscherInnen zu folgender Conclusio: Die Präzision unserer Erinnerungsleistung hängt von verschiedenen Faktoren ab – bisher unbeachtet dabei sind die im sozialen Leben omnipräsenten Parameter Vertrauen und Misstrauen.

Posten/Gino, “How Trust and Distrust Shape Perception and Memory“ in: Journal of Personality and Social Psychology, 2021, 121 (1), 43-58.

 

 

Aus der Praxis:

Vertrauen macht blind – ein altes Sprichwort ist wieder einmal wissenschaftlich bestätigt worden, mindestens, was unsere Erinnerungsleistung anbelangt. Wer in vertrauensvollen Situationen kommuniziert, sollte sich also bewusst sein, dass ohne Gegensteuerung sehr rasch die für die Sache und die handelnden Personen erwünschte Präzision verloren geht.

Natürlich kann das nun umgekehrt nicht bedeuten, Vertrauen über Bord zu werfen, nur um brauchbare Aussagen und Berichte in Meetings, Verhandlungen, Gremien oder vor Gericht zu bekommen. Umso mehr lassen Sie mich zwei Empfehlungen abgeben:

  1. Hinterfragen Sie alles, was Ihnen direkt im Gespräch bereits spanisch vorkommt. Nicht paranoides Wadlbeißen oder Dauerkontrollieren ist das Thema, sondern mit wachem Geist im gemeinsamen Interesse Unklarheiten, Oberflächlichkeiten, möglichen Mißverständnissen etc. sofort aufzulösen. Und zwar auch und vor allem dort, wo Sie bisher aus Gründen des Vertrauens meinten, es wäre nicht nötig.
  2. Fragen Sie gezielt in den Kontrast hinein. Fragen Sie also KollegInnen oder MitarbeiterInnen weniger „Was ist da passiert?“, sondern vielmehr „Was ist da anders passiert als bisher/als wir es gewohnt waren?“. Auf diese Weise verbinden Sie das Beste aus beiden Welten: Sie erhalten präzisere Angaben UND zerstören trotzdem nicht das Vertrauensverhältnis, das Sie vermutlich bis hierher mühsam aufgebaut und engagiert gepflegt haben.

 

 

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