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Negationen können Meinungen über andere verändern

Interessante Intervention bringt neue Chancen beim Überzeugen

 

 

 

Jahrzehntelang haben wir gelernt, dass Verneinungen gegenüber sogenannter positiver Argumentation immer und ausschließlich im Hintertreffen sind, wenn es ums Überzeugen geht. Von diesem Dogma sollten wir uns nun trennen. Denn eine neue Studie des Leibniz Instituts für Wissensmedien hat nun bewiesen, dass Negationen sehr wohl wirken können und zwar besser als alles andere in der Rhetorik: dann nämlich, wenn Einstellungen gegenüber Dritten verändert werden sollen. Wichtig dabei ist, möglichst genau jene Worte zu wählen und sie anschließend zu verneinen, die der jeweilige zu überzeugende GesprächspartnerIn auch gewählt hat. Wer eine negative Meinung über andere hat, kann auf diese Weise dazu gebracht werden, positiver zu denken. Das heißt konkret: Die Ansage: „Hr. Maier ist faul“ konterkariert man gemäß der deutschen Studie am besten mit „Nein, Hr. Maier ist nicht faul.“ Und nicht mit dem gutgemeinten „Nein, Hr. Maier ist fleißig.“ Denn was passiert? Wer zu Beginn einer Diskussion seine eigene Meinung hört – auch wenn diese verneint wird – und nicht sofort mit Gegenargumenten zugeschüttet wird, fühlt sich als Vis-a-vis gehört und verstanden. Erst dadurch entsteht Willigkeit, überhaupt konstruktiv weiterzudebattieren – das kognitive System ist aktiviert worden.

Winter/Scholl/Sassenberg, A matter of flexibility: Changing outgroup attitudes through messages with negations, in: Journal of Personality and Social Psychology, 2021, 120(4), 956–976

 

Aus der Praxis:

Als ich diese Studie das erste Mal gelesen habe, war ich baff. Bin ich da auf einen fundamentalen Richtungswechsel in der Argumentationslehre gestoßen? Ja und nein.

Ja, weil es den absoluten immerwährenden Triumph der positiven Argumentation relativiert. Aber gleichzeitig Nein, weil bei genauerer Betrachtung die Studie auch auf Bekanntes in neuem Kleid hinweist.

Wer „Das hast Du nicht gut gemacht“ in Feedbackgesprächen verwendet, tut dies meist bewußt, um die Kritik akzeptabler zu machen.  Denn wir wissen, dass die Verneinung vor dem Wort „gut“ nicht so stark gehört wird. Das Wort „gut“ wirkt stärker und verhindert, dass die/der, der/dem Feedback gegeben wird, sofort in die Defensive geht oder mit Gegenangriffen auffährt. In der oben beschriebenen Logik findet nichts anderes statt.

Mit einem Wort: lasset uns Verneinungen durchaus praktizieren – aber nur, wenn wir ganz bewußt die Worte danach wählen. In diesem wie in jenem Fall.

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