Persönliche Informationen zu KandidatInnen prägen Wahlverhalten
Frühzeitiges Positive Campaigning schützt vor Angriffen kurz vor dem Wahltermin
Es ist nicht egal, wann und welche Informationen uns als WählerInnen im Vorfeld eines Volksentscheids erreichen: Je früher wir positive Informationen zur Person eines/r KandidatIn erhalten, desto nachhaltiger beeinflußt dieser erste Eindruck unsere Meinung und unser Wahlverhalten. Die Wirkung von politischen Angriffen – selbst jener, die wenige Tage vor dem betreffenden Wahltermin lanciert werden -verpufft großteils. So stark ist der Effekt und der Schutzmechanismus von frühzeitigem Positive Campaigning.
Negative Campaigning wirkt dafür umgekehrt kurzfristig am besten, weil sich einerseits negative Informationen über die Zeitspanne einer Kampagne hinweg abnutzen, andererseits dafür aber temporär viel konkreter im Gedächtnis haften bleiben.
Und: Insgesamt merken wir uns jedenfalls persönliche Informationen – positive wie negative – besser als solche, die die politischen Ziele oder die Strategien der Parteien abbilden. Das ergaben jüngst durchgeführte Experimente an der San Diego University. Der Autor weist allerdings darauf hin, dass politische Inhalte nicht unwichtig für Wahlentscheidungen sind, sie aber weit weniger gut hängen bleiben als personenbezogene News.
How quickly we selectively forget: Experimental Tests of Information Order on Memory and Candidate Evaluation. Goggin, Political Psychology, vol. 40, nr. 1, February 2019, S 125 – 145.
Aus der Praxis:
Was wir als erstes bzw. als letztes erfahren, merken wir uns am besten. Deshalb sind auch Anfang und Ende jedes Meetings und jeder Präsentation von besonderer Bedeutung. Spannend, dass dieses Prinzip auch für ganze Wahlkampagnen gilt und nicht nur für Momente wie TV-Statements oder Reden der KandidatInnen.
Aufschlußreich finde ich es auch, dass Negative Campaigning seine größte Wirkung erst vor dem Urnengang entfaltet. Das macht doch Hoffnung: vielleicht erspart uns dieses Wissen hinkünftig Wahlkämpfe, die von Anfang an von Attacken auf den politischen Gegner geprägt sind.
Trotzdem müssen wir uns angesichts des Experiments aus San Diego im klaren sein, dass – falls es für „unsere/n KandidatIn“ nicht entsprechendes frühzeitiges Positive Campaigning gegeben hat – jede/r von uns anfällig für negative Informationen kurz vor dem Wahltag ist. Nur genaues Hinschauen auf Herkunft und Art der jeweiligen Vorwürfe scheint dann ein praktikables Rezept, um eine qualifizierte Stimmabgabe sicherzustellen.
Für meine Arbeit mit PolitikerInnen bedeuten die jüngsten Erkenntnisse, a) gemeinsam mit dem/r KundIn Parteiinhalte zu personalisieren, also Persönliches wie Erfahrungen, Ideen und Werte in die geplanten Wahlauftritte hineinzuarbeiten, b) diese Auftritte im Vorfeld einer Kampagne noch mehr als bisher zu trainieren und c) insbesondere für den 2. Hälfte und das Ende des Wahlkampfs den aktiven und reaktiven Umgang mit politischen Attacken zu besprechen.