Politikerinnen beeinflussen Höflichkeit in TV-Duellen positiv
Aber: Politiker attackieren Konkurrentinnen mittlerweile genauso intensiv
Quantitativ gibt es keinen Unterschied mehr: 25,7% aller Beiträge in politischen TV-Duellen in Deutschland sind sach- oder parteipolitische Angriffe, persönliche Kritik oder Vorwürfe und zwar unabhängig davon, ob Männer mit Männern oder Männer mit Frauen diskutieren (die restlichen 74,3 % sind Selbstdarstellung und Verteidigung). Qualitativ hinterlassen Frauen in der Politik aber ihre Spur: 11,8% dieser Attacken gegenüber Frauen sind übergriffig – also abwertend in der Wortwahl oder übertreibend oder negativ pauschalierend in den Argumenten. Duellieren sich hingegen Männer, dann landen 19,9% ihrer Attacken, also fast doppelt so viele, im sprachlichen Sinn unter der Gürtellinie. Das ergab eine Untersuchung aller 42 bundes- oder landesweit ausgestrahlten Fernsehdiskussionen amerikanischen Stils zwischen 1997 und 2016, in der erstmals im deutschsprachigen Raum 14.393 Statements von 62 PolitikerInnen mit diesem Fokus analysiert wurden. Die ForscherInnen der Universität Landau/Koblenz sehen einen Hoffnungsschimmer und leiten daraus ab: Je mehr Frauen in die Politik gehen, desto mehr können wir uns mittelfristig, zumindest in einschlägigen Fernsehdiskussionen, ein höheres Kommunikationsniveau und mehr Höflichkeit erwarten.
Maier/Renner. „When a Man meets a Woman – Compairing the Use of Negativity of Male Candidates in Single- and Mixed-Gender Televised Debates“. In: Political Communication 00. 1-17/2018.
Aus der Praxis:
Donald Trump, #MeToo und die Affäre rund um Brett Kavanaugh haben auf internationaler Ebene gezeigt, wie unsensibel und verständnislos manche Männer immer wieder gegenüber Frauen kommunizieren.
Deshalb ist es ein ganz wesentlicher Aspekt in der Arbeit mit meinen männlichen Kunden aus der Politik, diese unbedingt nötige Feinfühligkeit im Umgang mit Frauen herauszuarbeiten, wobei gilt: nicht nur bei TV-Duellen gegenüber der politischen Gegnerin, sondern auch im ganz normalen politischen Alltag gegenüber Wählerinnen und vor allem gegenüber Kolleginnen (!) und Mitarbeiterinnen (!) sind Zweideutigkeiten und Abwertungen fehl am Platz, nie lustig, und angesichts einer Mehrheit an Frauen im Elektorat auch strategisch ein Eigentor. Gleichzeitig: es darf kein Tabu geben, auch Politikerinnen live on air anzugreifen – dabei aber nicht platt, derb, banal, persönlich, präpotent oder ignorant zu wirken, ist ein wesentliches asset in der politischen Kommunikation.
Zu den Standardanfragen meiner weiblichen Kunden aus der Politik gehört es umgekehrt , wie sie denn nun am besten und ohne Gesichtsverlust parieren können, wenn sich ihre männlichen politischen Gegner absichtlich oder aufgrund ihres Unvermögens verbal vergreifen. Die gute Nachricht: es gibt tatsächlich eine Fülle von kommunikativen Strategien zu reagieren. Die wichtigste Empfehlung bei alldem: Cool sein und klar Stop sagen.