
Alter Grieche bewahrt vor Shit storms
Social Media-Beschwerden: Entschuldigungen allein sind zu wenig
Die rhetorischen Prinzipien des Aristoteles – dass Logos (der Inhalt) nur gemeinsam mit Pathos (Emotion) und Ethos (Moral) reüssieren kann – sind auch im Online-Beschwerde-Management des 21. Jahrhunderts der effektivste Weg gegen shit storms. Denn: Nur sachlich zu argumentieren oder nur Abbitte zu leisten, sei unausreichend, um frustrierte oder wütende KundInnen auf Social Media zu beruhigen.
Das sind die Erkenntnisse einer neuen niederländischen Studie. Firmen sollten, so die Forscherinnen, in solchen Fällen ihre Kommunikationsstrategien ganz im Gegenteil kombinieren: sich entschuldigen UND Verständnis für die Beschwerde zeigen UND ihre Corporate Credibility durch konkrete Lösungen bzw. Versprechen unter Beweis stellen. Damit würden Unternehmen nicht nur gegenüber den BeschwerdeführerInnen selbst punkten, sondern auch gegenüber den LeserInnen oder ZuschauerInnen derartiger Postings.
Van Mulken/Heslenfled, “Improving Complaint Handling: The Rhetorical Turn in Defensive and Accomodative Strategies”, in: Business and Professional Communications Quarterly, I-22, 2025.
Aus der Praxis:
Interessant, oder? Da diskutieren wir so oft über die großen Kommunikationsunterschiede zwischen Alt und Jung, zwischen den Digital Natives, die kaum mehr miteinander sprechen, und den Babyboomern, die noch Schönschreiben in der Schule als Pflichtfach hatten, zwischen virtuellen und analogen Settings, zwischen geschriebener und gesprochener Sprache, zwischen abwehrendem und entgegenkommendem Beschwerde-Management.
Das, was schon vor 2350 Jahrein in Athen postuliert wurde, um Konflikte schneller aus der Welt zu schaffen, gilt sichtlich heute nach wie vor. Mögen Wortwahl, Ductus oder Umfang der Internet-Kommunikation von traditionellem Sprech abweichen: die Prinzipien zwischenmenschlichen Umgangs haben sich nicht geändert. Schön eigentlich.